BR-Perspektiven für Menschen und Betriebe
Wie verändert die Digitalisierung unsere Arbeitswelt, welche Rolle spielt dabei Künstliche Intelligenz (KI) und was bedeutet das für die betriebliche Mitbestimmung? Antworten auf diese Fragen standen im Mittelpunkt der Tagung KI und Digitalisierung, die Ende März im Tagungszentrum in Bad Münder stattgefunden hat. Betriebsrät*innen, Expert*innen und Interessierte diskutierten gemeinsam über Chancen, Risiken und konkrete Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit den neuen Technologien.
Mitgestalten statt nur Mithalten
In einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt kommt es darauf an, dass Interessenvertretungen wie Betriebsräte nicht nur Schritt halten, sondern aktiv mitgestalten. Genau diesem Anspruch widmete sich die Tagung KI und Digitalisierung unter dem Motto „Künstliche Intelligenz in Aktion“. Im Mittelpunkt standen die betrieblichen Auswirkungen von KI und Digitalisierung – und die Frage, welche betriebspolitischen Perspektiven sich daraus ergeben. Ziel der Tagung war es, Perspektiven für Betriebsräte zu entwickeln, die den digitalen Wandel ganzheitlich in den Blick nehmen. Dabei ging es nicht nur um einzelne KI-Anwendungen, sondern um ein umfassendes Verständnis der digitalen Transformation und ihrer Folgen für Beschäftigte, Mitbestimmung und Arbeitsprozesse.

Gleich zu Beginn der Tagung tauchten die Teilnehmer*innen in verschiedenen Workshops in das Thema Künstliche Intelligenz und betriebliche Mitbestimmung ein. Je nach Vorwissen konnten sie zwischen einem Workshop für Einsteigerinnen mit einer grundlegenden Einführung in die KI und einem vertiefenden Format für Fortgeschrittene wählen.
Im Workshop für Einsteigerinnen lag der Fokus darauf, Künstliche Intelligenz verständlich, praxisnah und anschlussfähig zu vermitteln. Dies insbesondere für Teilnehmer*innen, die bisher wenig oder keine Berührungspunkte mit dem Thema hatten. Ziel war es, ein gemeinsames Grundverständnis zu schaffen. Was ist KI, wie funktioniert sie und in welchen betrieblichen Kontexten ist sie bereits heute wirksam? Neben der technischen Funktionsweise wurden auch konkrete Anwendungsbeispiele vorgestellt. Beispiele hier war der Einsatz von Robotiklösungen oder KI-basierten Chatbots zur Unterstützung von Arbeits- und Kommunikationsprozessen.

Um die Perspektive der Mitbestimmung greifbar zu machen, wurde auch Künstliche Intelligenz selbst als Diskussionspartner eingesetzt. Chatbots wie ChatGPT und M365 Copilot Chat beantworteten die Frage: „Wie würdest du Betriebsräten erklären, was bei dir mitbestimmt werden muss, was mitbestimmt werden kann und wie man beides voneinander unterscheidet? Bitte nenne dazu auch Quellen und Beispiele aus der Praxis“. Die Antworten waren fundiert und boten eine gute Diskussionsgrundlage, zeigten aber auch die Grenzen auf. KI liefert Informationen, aber keine unternehmenspolitischen Bewertungen. Der Mensch bleibt unverzichtbar.
Im Mittelpunkt des Workshops für Fortgeschrittene stand das Thema Robotic Process Automation (RPA), die softwaregestützte Automatisierung standardisierter, regelbasierter Prozesse. Vermittelt wurden die technischen Grundlagen, typische Einsatzgebiete und der Nutzen dieser Technologie für Unternehmen und Mitarbeiter*innen.
Neben der technischen Einordnung wurde RPA auch aus Sicht der betrieblichen Mitbestimmung betrachtet. Wo sind Betriebsräte gefragt, wenn Prozesse automatisiert werden? Welche Fragen stellen sich im Zusammenhang mit Transparenz, Qualifizierung und Mitbestimmung? Anhand von Praxisbeispielen wurde aufgezeigt, wie RPA in Unternehmen umgesetzt wird und welche Rolle die betriebliche Interessenvertretung dabei spielt. Damit bot der Workshop eine fundierte inhaltliche Vertiefung und eröffnete neue Perspektiven auf die Gestaltung von Automatisierung im Betrieb – mit einem klaren Fokus auf die Rolle von Betriebsräten im digitalen Wandel.
KI erleben: Besuch bei der Hannover Messe
Um das Thema KI und Digitalisierung nicht nur theoretisch zu beleuchten, sondern konkret erlebbar zu machen, war der Besuch der Hannover Messe ein zentraler Bestandteil der Tagung. Ziel war es, die Inhalte der Workshops durch praktische Einblicke und reale Anwendungsbeispiele zu ergänzen und so einen ganzheitlichen Blick auf Digitalisierung und Künstliche Intelligenz zu ermöglichen.
Besonders eindrucksvoll war die sogenannte KI-Tour, die zeigte, wie Künstliche Intelligenz die unterschiedlichsten Lebens- und Arbeitsbereiche durchdringt. Ein Beispiel war ein digital gesteuerter Landwirtschaftsbetrieb in Kanada, vorgestellt von DELL: Durch intelligentes Energie- und Wassermanagement werden dort Tomaten, Gurken und Erdbeeren deutlich nachhaltiger produziert – ein Modell, das viele Teilnehmer*innen überzeugte. Auch Unternehmen wie Beckhoff, Festo und SAP präsentierten praxisnahe Lösungen: vom deutschen Maschinenbau bis zur IT-gestützten Logistik. Die Messe machte deutlich, wie vielfältig und dynamisch KI bereits heute wirkt und wie wichtig es ist, dass betriebliche Interessenvertretungen diesen Wandel aktiv mitgestalten.
Abschließend wurde der Blick noch einmal gezielt auf arbeitsrechtliche Aspekte und Fragen der Mitbestimmung im Zusammenhang mit KI gerichtet. Insgesamt bot die Tagung eine gelungene Mischung aus Input, Austausch und Erleben, die Lust auf mehr machte.
„KI in Aktion“ wurde nicht nur diskutiert, sondern konkret erfahrbar gemacht – mit klarem Fokus auf die betriebliche Realität und die Rolle der Mitbestimmung.

Kristin Kühn, Erschienen im Navigator Ausgabe 5, 19.05.2025
Beitragsbild: © Foto: iStock ktsimage