Früher hatten Beschäftigte oft schlechte Karten: Konnten sie ihren Urlaub – warum auch immer – nicht im Kalenderjahr nehmen, verfiel er nach kurzer Frist. Seit einiger Zeit mischt der EuGH das Urlaubsrecht auf – und bestätigt erneut, dass Urlaub »nicht einfach so« verfallen darf.
Schon seit einiger Zeit kommen vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) Urteile, die der rigorosen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Verfall des Urlaubs Schranken setzen. Am 6.11.2018 hat der EuGH erneut zwei Fälle aus Deutschland entschieden.
Arbeitgeber muss rechtzeitig vor dem Verfall warnen
Der EuGH stellte in beiden Fällen fest, dass zwar eine nationale Regel, nach der zur Vermeidung eines Urlaubsverfalls ein rechtzeitiger Urlaubsantrag erforderlich ist, nicht automatisch gegen Europarecht verstößt. Allerdings muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen.
Der private oder öffentliche Arbeitgeber muss den Beschäftigten:
- förmlich auffordern, den Urlaub zu nehmen.
- Er muss dem Beschäftigten klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfallen wird, wenn er ihn nicht nimmt, sei es bis zum Ende des Bezugszeitraums, eines zulässigen Übertragungszeitraums oder am Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn dies in einen solchen Zeitraum fällt.
Nach diesen Entscheidungen ist die bisherige Auffassung nicht mehr haltbar, dass der Arbeitnehmer den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub oder Urlaubsabgeltung automatisch verliert, wenn er bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Urlaub beantragt hat. Der Arbeitgeber muss ihn zuvor rechtzeitig informiert und zum Urlaubnehmen aufgefordert haben.
Torsten Walter, LL.M. (Leicester), DGB Bundesvorstand
EuGH (06.11.2018)
Aktenzeichen Rs. Max-Planck-Gesellschaft / Shimizu (C-684/16) und Kreuziger / Land Berlin (C-619/16)
EuGH, Pressemitteilungen vom 6.11.2018