Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat auf dessen Verlangen Einblick in die Brutto-Gehaltslisten mit Namensnennung gewähren. Anonymisierte Gehaltslisten reichen nicht aus. Datenschutzrechtliche Bedenken stehen dem Einsichtsrecht nicht entgegen. Einblick nimmt jeweils der Betriebsausschuss oder der Betriebsratsvorsitzende – so nun das BAG.
In letzter Zeit gab es mehrere Urteile der Landesarbeitsgerichte zur Frage des Einsichtsrechts des Betriebsrats in Bruttoentgeltlisten. Nun hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) für Klarheit gesorgt.
Das war der Fall
Der Arbeitgeber betreibt eine Klinik, die einem gekündigten Manteltarifvertrag unterfällt. Die Klinik führte seit einiger Zeit die Bruttoentgeltlisten der Arbeitnehmer in elektronischer Form. Die Listen enthalten die Namen der Arbeitnehmer, deren Dienstart und Unterdienstart, Angaben zum Grundgehalt, zu verschiedenen Zulagen sowie zu weiteren Bezügen. Dem Betriebsrat gewährte der Arbeitgeber nur Einsicht in eine anonymisierte Fassung dieser Listen.
Daher verlangt der Betriebsrat für seinen Betriebsausschuss Einblick in eine ungeschwärzte Fassung der Bruttoentgeltliste – mit sämtlichen Klarnamen. Nur so lässt sich nach Meinung des Betriebsrats feststellen, ob der Arbeitgeber die Vergütungsgrundsätze eingehalten hat. Der Arbeitgeber ist der Meinung, aus § 80 Abs. 2 Satz 2 folge kein Recht zur Einsicht in Listen mit Klarnamen. Dem ständen zudem das Entgelttransparenzgesetz und datenschutzrechtliche Erwägungen entgegen.
Das sagt das Gericht
Das Gericht gibt dem Betriebsrat Recht.
Der Arbeitgeber – hier die Klinik – ist verpflichtet, dem Betriebsausschuss Einblick in die nicht anonymisierten Bruttoentgeltlisten zu gewähren (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG). Datenschutz- und grundrechtliche Belange stehen dem Anspruch nicht entgegen.
Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat auf sein Verlangen alle für die Betriebsratsarbeit nötigen Unterlagen zur Verfügung stellen. Um zu prüfen, ob die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit eingehalten ist, muss der Betriebsrat über die effektiv gezahlten Vergütungen Bescheid wissen. Daher darf der hier zuständige Betriebsausschuss Einblick in die Bruttogehaltslisten mit Namen nehmen.
Das Gewähren von Einblick in die personifizierten Gehaltslisten stellt ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Datenschutzrechts dar (Art. 4 Nr.1 und Nr.2 DSGVO). Das Beschäftigtendatenschutzrecht erlaubt allerdings eine solche Verarbeitung, wenn diese zur Ausübung der sich aus dem BetrVG ergebenden Rechte und Pflichten des Betriebsrats nötig ist (§ 26 Abs. 1 Satz 1 Alt. 4 BDSG). Dies ist hier der Fall, da der Betriebsrat ohne personifizierte Gehaltslisten seinen betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten nicht nachkommen kann. Daher ist die Weitergabe der Gehaltslisten datenschutzrechtlich auch zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG).
Das BAG relativiert das Einsichtsrecht des Betriebsrats allerdings geringfügig, in dem es sagt, der Betriebsrat könne nur Einsicht in solche Listen verlangen, die beim Arbeitgeber bereits zumindest in Form einer elektronischen Datei tatsächlich existieren. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, nicht vorhandene Unterlagen erst zu erstellen.
Das muss der Betriebsrat beachten
Dass Betriebsräte Einsicht in die Bruttogehaltslisten mit Klarnamen verlangen können, dürfte nunmehr endlich geklärt sein. Eines besonderen Anlasses bedarf es insofern auch nicht. Denn das Überprüfen des Lohngefüges und des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Betrieb gehört zu den Kernaufgaben jedes Betriebsrats in jedem Betrieb. Und das geht nun mal nicht ohne Kenntnis von den Gehaltslisten mit Namen.
Allerdings gibt es ein paar Einschränkungen: Der Arbeitgeber muss nur die Listen bereitstellen, die ihm auch vorliegen, neue erstellen muss er für den Betriebsrat nicht. Und Einblick nehmen darf nicht das gesamte Betriebsratsgremium, sondern der Betriebsausschuss oder – in kleineren Unternehmen ohne Betriebsausschuss – der Betriebsratsvorsitzende. Das muss der Betriebsrat beachten.
© bund-verlag.de (fro)
Quelle: BAG (07.05.2019)
Aktenzeichen 1 ABR 53/17