Vor einer Neueinstellung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören. Eine Ausnahme gilt nur für leitende Angestellte. Bei normalen Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber die Anhörung nicht rückwirkend nachholen – auch nicht, wenn er fälschlich von einem leitenden Angestellten ausging – so das BAG.
Es geht um die Frage, ob der Arbeitgeber den Betriebsrat auch nach erfolgter Einstellung noch dazu anhören und sich auf die Zustimmungsfiktion (§ 99 Abs. 3 BetrVG) berufen kann, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung nicht erteilt.
Das war der Fall
Der Arbeitgeber stellte einen sogenannten »Branch Manager« ein, den er als leitenden Angestellten ansah. Daher verzichtete der Arbeitgeber darauf, die sonst für Einstellungen nötige Zustimmung des Betriebsrats einzuholen (§ 99 Abs. 1 BetrVG).
Er unterrichtete das Gremium lediglich von der geplanten Einstellung eines leitenden Angestellten (§ 105 BetrVG). Da der Betriebsrat aber Zweifel an der Eigenschaft als leitender Angestellter hegte und dagegen gerichtlich vorging, holte der Arbeitgeber nach der Einstellung des Mangers vorsorglich die Anhörung nach. Das ArbG Essen entschied inzwischen durch Beschluss, dass es sich bei dem Branch Manager nicht um einen leitenden Angestellten handele. Der Betriebsrat ist nun der Auffassung, dass die Einstellung wegen fehlender Zustimmung unwirksam sei.
Das sagt das Gericht
Der Arbeitgeber muss die Einstellung rückgängig machen, da sie wegen fehlender Zustimmung des Betriebsrats in der Form unzulässig ist.
Der Branch Manager ist nicht leitender Angestellter, was auch gerichtlich bestätigt ist. Der Arbeitgeber muss daher das normale Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG durchführen. Da eine reguläre Zustimmung des Betriebsrats definitiv nicht vorliegt, ist hier nur die Frage, ob die gesetzlich mögliche Fiktion der Zustimmung (§ 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG) erfolgt sein könnte.
Die Zustimmungsfiktion verlangt aber, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat zuvor klar über die geplante Einstellung unterrichtet hat. Und hier ist zu differenzieren: Denn die Unterrichtung bei einem leitenden Angestellten – wovon der Arbeitgeber ja zunächst ausging – erfolgt nach § 105 BetrVG und ohne jegliche Anforderungen.
Bei der Einstellung eines normalen Angestellten aber gelten andere Regeln. Hier muss die Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG
- zeitlich »vor« der Einstellung des Arbeitnehmers erfolgen
- klar und deutlich machen, dass es um die Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers (und nicht um einen leitenden Angestellten) geht
Nur bei Vorliegen beider Voraussetzungen beginnt die Wochenfrist für die Zustimmung des Betriebsrats und die Zustimmungsfiktion zu laufen. Der Arbeitgeber hat hier aber, da er ja von einem leitenden Angestellten ausging, nicht differenziert. Er hat in der Unterrichtung nicht klar gemacht – so das Gericht -, dass es ihm um die Einstellung eines normalen Angestellten geht. Daher kann hier auch keine Zustimmungsfiktion angenommen werden.
Das müsset ihr als Betriebsrat beachten
Als Betriebsrat habt ihr bei jeder Einstellung eines Arbeitnehmers umfassende Rechte. In Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern geht ohne Ihre Zustimmung nichts (§ 99 Abs. 1 BetrVG). Nur für leitende Angestellte gilt dies nicht, hier muss der Arbeitgeber Sie als Betriebsrats zwar unterrichten, Beteiligungsrechte haben Sie nicht (§ 105 BetrVG).
Allerdings dient die Unterrichtung nach § 105 BetrVG gerade dazu, dass Sie als Betriebsrat prüfen können, ob es sich wirklich um einen leitenden Angestellten handelt. Hier sollten Sie also kritisch hinschauen und bei Zweifeln beim Arbeitgeber nachhaken.
Geht aber der Arbeitgeber fälschlicherweise zunächst von einem leitenden Angestellten aus und erkennt er erst später, dass es sich um einen normalen Arbeitnehmer handelt, so kann er das Anhörungsverfahren nicht im Nachhinein nachholen. Das ist zu spät. Das Anhörungsverfahren für einen Arbeitnehmer muss immer vor der Einstellung beginnen und mit dem klaren Hinweis erfolgen, dass der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG einholen will.
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Quelle
BAG (21.11.2018)
Aktenzeichen 7 ABR 16/17