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Arbeitsrecht: Wichtige Änderungen

Änderungen im Arbeitsrecht – Worauf es zu achten gilt

Noch von der Ampelkoalition beschlossen, hat es Änderungen im Arbeitsrecht gegeben. Markante Punkte beinhaltet das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV), darin vor allem die Änderungen in den Bestimmungen zu Schriftform, Textform und qualifizierter Signatur bei wichtigen Dokumenten. Vorgänge können dadurch verschlankt werden, das ist erst einmal ein Vorteil. Arbeitnehmer*innen und Betriebsrät*innen sind aber hier und da gut beraten, wenn sie von ihrem Recht, einer Textform nicht zuzustimmen, Gebrauch machen.

Neben den Änderungen durch das BEG IV sind außerdem andere Bestimmungen in Kraft getreten: Der Mindestlohn ist auf 12,82 Euro brutto pro Stunde gestiegen und damit haben sich auch die Verdienstgrenze bei Minijobs (von 538,00 Euro auf 556,00 Euro monatlich bzw. 6.672,00 Euro im Jahr) und die Eintrittsgrenze in den Midijob, der nun ab einem monatlichen Bruttoverdienst von 556,01 Euro greift, bis zu der Obergrenze von 2.000,00 Euro erhöht. Auch die Mindestausbildungsvergütung wurde angehoben. In den Lehrjahren werden nun 682,00 Euro / 805,00 Euro / 921,00 Euro / 955,00 Euro gezahlt. So weit zu den verhandelten, beschlossenen und in Kraft getretenen Mindestlohnerhöhungen.

Schriftform, Textform und qualifizierte Signatur

Das BEG IV und die bereits erwähnten Formen der Signaturen von Dokumenten bedürfen darüber hinaus ein besonderes Augenmerk. Gerade im Personalwesen dürften sie für eine spürbare Entlastung sorgen. Nachweise wie Arbeitsverträge oder -zeugnisse, Anträge und Ansprüche müssen nicht mehr unbedingt handschriftlich signiert werden. Damit wird auch die Archivierung von Dokumenten für die Arbeitgeberseite vereinfacht.

Für Arbeitnehmer*innen, die im Konfliktfall in der Nachweispflicht stehen, können diese verschlankenden digitalisierten Prozesse zwar ebenso Zeit- und Aufwandsersparnis bedeuten. Es stellt sich aber die Frage, ob sich die Nachweise in Textform oder mit qualifizierter Signatur gemäß Art. 3 eIDAS-VO (Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste) als solche stichhaltig verwenden lassen. Daher hat der Gesetzgeber die Möglichkeit des Widerspruchs im BEG IV verankert. Den sollten Arbeitnehmer*innen und Betriebsrät*innen im Fall der Fälle aussprechen.

Arbeitsverträge in elektrischer Form

Arbeitsrecht Laptop
©Foto: iStock.com/Thapana Onphalai

In Vorgängen wie öffentlichen Ausschreibungen sind Textform und qualifizierte Signaturen bereits gang und gäbe. Die Schriftform, also das händische Unterzeichnen eines Dokuments, wird dort nur noch in seltenen Fällen eingesetzt. Diese Form ist auch nicht unbedingt notwendig, denn die Teilnehmer*innen gelangen nur über einen persönlichen Login auf eine Vergabeplattform und können darüber verifiziert werden. Eine Signatur in Textform, mit der simplen Form der eigenen Namensnennung, ist dann völlig ausreichend. Auch die Zertifizierung für die qualifizierte Signatur ersetzt die Notwendigkeit der händischen Unterschrift. Aber selbst diese Form ist mit dem neuen BEG IV teilweise nicht mehr relevant.

Laut Nachweisgesetz können Arbeitsverträge fortan in Textform signiert per elektronischer Übermittlung versendet werden. Es bedarf in diesen Fällen keiner qualifizierten Signatur gemäß Art. 3 eIDAS-VO mehr. Dies betrifft unter anderem auch Arbeitsverträge und wesentliche Arbeitsbedingungen wie Arbeitsort, Vergütung und Urlaubstage. Auch solche Dokumente können in Textform signiert elektronisch übertragen werden. Voraussetzung ist, dass die betroffenen Arbeitnehmer*innen einen Empfangsnachweis erbringen. Oder sie verlangen eben eine Signatur in Schriftform. Tun sie dies, müssen die Arbeitgeber dem Folge leisten.

Zu dieser Vorgehensweise rät IGBCE Rechtsexperte Peter Voigt: „Wichtig zu wissen, ist, dass die Schriftform weiterhin den Beweiszweck am sichersten erfüllt. Denn dann ist im Streitfall klar, welches Dokument das Original ist, und damit ist diese Variante die sicherste. Darüber hinaus haben Arbeitnehmer*innen nicht immer einen eigenen E-Mail-Account, sondern nur einen dienstlichen. Gerade dann ist es sinnvoll, ein Dokument zu haben, das in Schriftform signiert ist und das sie selbst archivieren können. Der Betriebsrat sollte die Arbeitnehmer*innen in jedem Fall auf diesen Sachstand hinweisen. Denn er trägt dafür Sorge, dass Verträge vernünftig archiviert werden. Außerdem muss er auf die Beweislast hinweisen, die oftmals aufseiten der Arbeitnehmer*innen liegt.“

Achtung, mögliche Fehlerquelle

Weitere Änderungen betreffen die Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz (§ 3 Abs. 1 oder Abs. 5). Sie muss im direkten Anschluss an die Familienpflegezeit in Anspruch genommen und bei den Arbeitgebern spätestens acht Wochen vor Beginn beantragt werden – ebenfalls ist hier eine in Textform signierte Fassung ausreichend. Aber Achtung: Betrifft eine dahingehende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*in eine Teilzeittätigkeit, die während der Pflege bzw. Familienpflegezeit ausgeübt werden soll, gilt für die Vereinbarenden weiterhin die Schriftformerfordernis (vgl. § 3 Abs. 3 PflegeZG, § 2a Abs. 2 S. 1 FamPfZG). Das klingt nicht gerade nach Vereinfachung, sondern eher nach einer möglichen Fehlerquelle.

Arbeitsrecht Rechtsanwalt
©photovision-dh.de Peter Voigt, Rechtsanwalt

Mal Textform, mal Schriftform: Ist es dann für Arbeitnehmer*innen und Betriebsrat von Vorteil, die Textform generell zu vernachlässigen und die Schriftform zu verlangen, um auf der sicheren Seite zu sein?

„Es stellt sich aktuell die Frage“, so Peter Voigt, „worauf man vertrauen kann. Wenn ich die Schriftform habe, bin ich auf der sicheren Seite. Die lässt sich einfach zu Hause in einem Ordner aufbewahren. Habe ich das Dokument in digitaler Form, brauche ich auch ein entsprechendes privates Gerät. Habe ich nur ein Dienst-Handy oder einen Dienst- Computer und speichere darauf solche persönlichen Dateien, könnten sie bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr greifbar sein, da ich dann nicht mehr über meine ehemaligen digitalen Geräte verfüge. Das kann zum Problem werden. Auch darauf sollte der Betriebsrat die Kolleg*innen hinweisen.“

Aushangpflichten

Keine Bedenken ergeben sich bei den bislang verpflichtenden Aushängen oder Auslagen zur Einsicht – unter anderem zum Arbeitszeitgesetz, zu den im Betrieb geltenden Rechtsverordnungen, zu Tarifverträgen sowie zu Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Sie können nun auch über die „im Betrieb übliche“ Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung gestellt werden. Gleiches gilt für Inhalte des Jugendarbeitsschutzgesetzes. Nachteile oder zusätzliche Aufgaben entstehen dadurch nicht.

Peter Voigt: „Da sehe ich keine Probleme. Die meisten Betriebe und Unternehmen haben ein Intranet, in dem Auskünfte und Informationen eingestellt werden, zum Beispiel über digitale Schwarze Bretter. Der Betriebsrat sollte kundtun, wo entsprechende Dokumente, Vereinbarungen und Bestimmungen zu finden sind, wenn auf die digitalen Aushänge umgestellt wird. Da bieten sich die jeweils genutzten Messenger-Dienste oder Rund-E-Mails an.“

Das größere Entlastungspotenzial durch das BEG IV ist aufseiten der Personalabteilungen in den Betrieben und Unternehmen zu erwarten.
Die Änderungen im Arbeitsrecht sind ebenfalls Bestandteil unserer unten aufgeführten BWS-Seminare. Nehmt sie wahr, damit halten wir euch auf dem aktuellen Stand der für eure Betriebsratsarbeit relevanten juristischen Bestimmungen.

Lothar Wirtz, Erschienen im Navigator Ausgabe 5, 19.05.2025
Beitragsbild: ©Foto: iStock.com/BCFC