Einzelne Arbeitnehmer*innen haben keinen einklagbaren Anspruch auf ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM). Weigert sich der Arbeitgeber, ein BEM einzuleiten, kann sich der/die Arbeitnehmer*in an den Betriebs- oder Personalrat wenden. So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil.
Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung des LAG Nürnberg zugrunde:
Der mit einem Grad der Behinderung von 30 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Kläger ist bei einer Kommune angestellt. Ein Personalrat besteht dort nicht. Zuletzt wurde der Mitarbeiter auf dem von der Gemeinde betriebenen Campingplatz eingesetzt. In den Jahren 2018 und 2019 war er mehrfach erkrankt. Er forderte deshalb die Durchführung eines BEM. Sein Antrag wurde von der Gemeinde abgelehnt.
Vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Würzburg hatte er mit seiner Klage Erfolg. Dieses entschied, der Anspruch des Arbeitnehmers auf Durchführung des BEM ergebe sich zwar nicht direkt aus § 167 Abs. 2 SGB IX, aber aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers laut § 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 167 Abs. 2 SGB IX). Gegen dieses Urteil legte die Kommune Berufung ein. Das LAG Nürnberg hat der Berufung stattgegeben und die Klage des Arbeitnehmers abgewiesen.
So entschied das LAG
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich – so das LAG in Übereinstimmung mit dem ArbG – nicht direkt aus § 167 Abs. 2 SGB IX. Die Regelung richte sich vielmehr nur an den Arbeitgeber. Ein Anspruch des Arbeitnehmers sei dort aber nicht vorgesehen.
Anders ist es hingegen bei den im Gesetz genannten Interessenvertretungen, insbesondere beim Betriebs- und Personalrat (§ 176 SGB IX). Diesen ist in § 167 Abs. 2 Satz 6 SGB IX ausdrücklich ein Initiativrecht zugesprochen. Hätte der Gesetzgeber auch den Arbeitnehmer*innen direkt einen einklagbaren Anspruch geben wollen, hätte er das ebenso ausdrücklich geregelt.
Ein einklagbarer Anspruch des Arbeitnehmers könne zudem nicht aus der Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB abgeleitet werden. Allerdings könnten die Parteien im Arbeitsverhältnis zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Auch im Rahmen des § 241 Abs. 2 SGB IX sei aber der Wille des Gesetzgebers zu beachten, wonach dem Arbeitnehmer kein einklagbares Recht zustehen soll. Der Arbeitnehmer sei bei Untätigkeit des Arbeitgebers ausreichend über den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geschützt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig – die Revision ist beim Bundesarbeitsgericht (BAG) anhängig.