Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet dem Chef ihre private Mobilnummer bekannt zu geben – auch nicht für den »Notfall«. Eine Pflicht zur ständigen Erreichbarkeit in der Freizeit besteht nicht. Der Arbeitgeber muss seinen Betrieb anders gegen Krisen absichern.
Sachverhalt
Die Angestellte eines Gesundheitsamtes ist dort für Hygiene und Infektionsschutz zuständig. Es kann zu Notfalleinsätzen außerhalb der üblichen Arbeitszeiten kommen. Der Arbeitgeber fordert daher die private Handynummer der Angestellten, um sie im Notfall schnell erreichen zu können. Diese weigerte sich ihre private Nummer ihrem Chef zu geben und kassiert daraufhin eine Abmahnung. Gegen diese geht sie vor. Sie verlangt die Entfernung der Abmahnung, da das Ansinnen ihres Chefs datenschutzrechtlich nicht in Ordnung sei.
Entscheidung
Das Gericht gibt der Angestellten Recht. Das Ansinnen des Arbeitgebers ist datenschutzrechtlich nicht in Ordnung. Die Abmahnung ist daher rechtswidrig und muss aus der Personalakte entfernt werden.
Bei einer Handynummer handelt es sich um »personenbezogene Daten«. Diese kann der Arbeitgeber daher laut Beschäftigtendatenschutz nur verlangen, wenn er eine Einwilligung der Beschäftigten hat (hier nicht der Fall) oder sich auf eine sonstige Erlaubnisgrundlage stützten kann. Eine Erlaubnis ist vor allem dann gegeben, wenn die Kenntnis der Mobil-Nummer für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses unbedingt erforderlich ist. Denn auch das hier anwendbare Thüringische Datenschutzgesetz funktioniert genauso wie alle übrigen privaten und öffentlich-rechtlichen Datenschutzregeln und stellt auf die »Erforderlichkeit« ab.
Doch das Gericht sieht die Kenntnis der Mobil-Nummer nicht als unbedingt erforderlich an. Es gäbe auch andere Wege, die Beschäftigte im Notfall zu erreichen. Außerdem sei der Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht durch die zwangsweise Herausgabe der privaten Mobil-Nummer erheblich und – so das Gericht – unverhältnismäßig.
Ständige Erreichbarkeit verletzt Persönlichkeitsrecht
Der Eingriff – so die Richter – liegt bereits darin, dass die Mobiltelefonnummer erfasst wird und somit die Möglichkeit besteht die Beschäftigte jederzeit und an jedem Ort zu kontaktieren. Die Mobiltelefonnummer ist deshalb ein besonders sensibles Datum, weil jeder, der Kenntnis von dieser Nummer hat, grundsätzlich jederzeit in der Lage ist, den Nutzer zu erreichen. Hier ist auch zu beachten, dass der Arbeitgeber die Nummer gerade und ausschließlich deshalb verlangt, um die Angestellte auch in ihrer Freizeit kontaktieren zu können. Freizeit zeichnet sich gerade dadurch aus, dass die Beschäftigten in diesem Zeitraum ihrem Chef nicht zur Verfügung stehen müssen und selbstbestimmt entscheiden können, wie und wo sie diese Freizeit verbringen.
Das muss der Betriebsrat beachten
Hat der Arbeitgeber die Handynummer eines Beschäftigten, so kann er diesen fast immer und überall erreichen. Der Arbeitnehmer kann dann nicht mehr wirklich zur Ruhe kommen, denn er muss immer fürchten, dass er auch zur Unzeit angerufen wird. Das stellt immer einen erheblichen Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte dar, der nur unter ganz besonderen Umständen gegen seinen Willen hinnehmbar ist. Daher muss der Betriebsrat eigentlich immer darauf drängen, dass der Arbeitgeber die Erreichbarkeit für Notfälle anders organisiert als durch die Bekanntgabe der privaten Mobil-Nummern oder E-Mail-Adressen.
© bund-verlag.de / Bettina Frowein
Quelle: LAG Thüringen 16.05.2018 – Az.: 6 Sa 442/17; 6 Sa 444/17