Kommunikation
„Was meinen Sie genau damit?“, fragt die deutsche Schichtleiterin im Kontrollraum. Ihr kolumbianischer Kollege lächelt höflich, nickt und macht weiter. Drei Tage später kommt es zur ungeplanten Abschaltung eines Anlagenteils. Ein Missverständnis? Ja. Aber keines, das mit besserem Deutsch zu tun gehabt hätte.
Was hier passiert ist, ist ein kulturelles Missverständnis: Für die eine Seite ist eine Rückfrage ein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein. Für die andere wirkt sie wie ein Zweifel an der Kompetenz – peinlich, unangenehm, am besten ignorieren. So prallen mitten im Hochtechnologiebetrieb zwei Verständniskulturen aufeinander und das Missverständnis bleibt zunächst unentdeckt.
Dabei ist eine solche interkulturelle Zusammenarbeit längst Alltag: Die deutschen Branchen Bergbau, Chemie und Energie sind stark international ausgerichtet: Sie sind auf den Import von Rohstoffen (z. B. Erdöl, Gas und Metalle) angewiesen und zugleich mit Produktions- und Absatzmärkten weltweit global wettbewerbsfähig. Insbesondere die Chemieindustrie gilt als eine der exportstärksten Branchen und investiert gezielt im Ausland. Auch die Energiewirtschaft ist durch internationale Handelsbeziehungen und Investitionen geprägt, beispielsweise beim Stromhandel oder im Zuge der Energiewende.
Kommunikation – das klingt alltäglich und beinahe selbstverständlich. Tatsächlich stammt der Begriff vom lateinischen „communicare“ und bedeutet so viel wie „teilen“, „sich mitteilen“, „teilhaben lassen“ oder „gemeinsam machen“. Im Arbeitsalltag läuft Kommunikation meist nebenbei, ohne dass wir sie bewusst reflektieren. Gerade weil sie so selbstverständlich scheint, wird sie selten hinterfragt. Erst wenn es hakt, wenn Missverständnisse entstehen und Informationen falsch ankommen, zeigt sich: Kommunikation ist keine Nebensache, sondern der zentrale Faktor für reibungslose Abläufe, Vertrauen und Zusammenarbeit.
Erfolgreiche Kommunikation – mehr als Worte
Menschen haben ein grundlegendes Bedürfnis: Sie wollen sich mitteilen, sich austauschen, verstanden werden. Sie möchten offen ansprechen, was sie bewegt, ohne befürchten zu müssen, missverstanden zu werden. Sie möchten ihre Wünsche und Gedanken äußern, ohne dabei Beziehungen zu gefährden oder unnötige Konflikte auszulösen. Doch erfolgreiche Kommunikation bedeutet mehr, als nur Worte auszusprechen. Es geht nicht nur darum, etwas zu sagen, sondern auch darum, dass das Gesagte so ankommt, wie es gemeint ist. Wirklich verstanden zu werden, ist das eigentliche Ziel. Und genau das ist oft schwieriger als gedacht. Denn wie heißt es so treffend von Konrad Lorenz:
„Gesagt ist noch nicht gehört, gehört ist noch nicht verstanden, verstanden ist noch nicht einverstanden, einverstanden ist noch nicht getan, getan ist noch nicht beibehalten.”
Doch nicht jede Kommunikation ist gleich. Sie verläuft nicht in jedem Kontext gleich reibungslos, denn sie ist immer auch davon geprägt, wer spricht, wie gesprochen wird und unter welchen Bedingungen. Unterschiedliche kulturelle Prägungen, Sprachgewohnheiten oder soziale Rollen beeinflussen, wie Botschaften gesendet und empfangen werden.
Dies wird besonders in zwei Bereichen deutlich, die in Industrieunternehmen oft unterschätzt werden: interkulturelle und Geschlechterkommunikation. Diese nehmen wir im weiteren Verlauf genauer unter die Lupe. Dabei werden uns Interviews mit Expertinnen aus Praxis und Wissenschaft unterstützen.
Kristin Kühn, Erschienen in Ausgabe 6 vom Navigator am 18.08.2025
Titelbild: ©YurolaitsAlbert