Unternehmen verändern sich dauernd. Häufig ist dabei die Schwelle zu einer Betriebsänderung erreicht, nicht immer wird sie aber als solche erkannt. Im Vorfeld ist das nicht immer klar – doch abzuwarten, bis Betriebsräte Sicherheit haben, kann aber fatal sein. Die Folgen sind Interessenausgleich- und Sozialverhandlungen. Die wichtigste Grundregel lautet immer: Nie den Sozialplan unterschreiben, wenn der Interessenausgleich noch offen ist!
Corona-Krise ist aktueller Treiber
Aber was hat das mit der aktuellen Situation zu tun? Zurzeit ist COVID 19 Treiber von Veränderungen in Unternehmen. Folgende Handlungen könnten beispielsweise Betriebsänderungen im Rahmen der COVID-19-Situation sein:
- Geringere Schichten und Verkürzung von Arbeitszeit, wenn die Kurzarbeit wegen der Pandemie beendet ist (eher dauerhaft)
- Pandemiebedingte Produktionsveränderung, wenn Produktionsstätten neu strukturiert und zusammengelegt werden
- Veränderung des Betriebszwecks, wenn zum Beispiel eine andere Dienstleistung als bisher angeboten wird oder in Produktionsbetrieben ein Produkt gewechselt oder die Palette um ein neues Produkt erweitert wird
Transformation fördert Betriebsänderungen
Zudem bringt das Thema „Transformation“ sehr wahrscheinlich viele Veränderungen mit sich, die ebenfalls die Schwelle zu einer Betriebsänderung erreichen. Dazu zählen beispielsweise:
- Einführung von Matrixstrukturen, zentralen oder dezentralen Strukturen
- Einführung von agilem Arbeiten, wenn Aufträge teilselbstständig mit eigenem Budget und gleichzeitig mit Beschäftigten des Kunden gemeinsam abgearbeitet werden
- Umstellung auf E-Mobilität unter Einsatz neuer Arbeitsmethoden und neuer Fertigungsverfahren im Rahmen der Digitalisierung
Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat
Laut § 111 BetrVG hat ein Arbeitgeber den Betriebsrat „rechtzeitig und umfassend“ über eine beabsichtigte Betriebsänderung zu informieren und diese mit ihm zu beraten. Als rechtzeitig gilt ein Zeitpunkt vor Durchführung des Vorhabens, zu dem es noch möglich ist, einen Sozialplan zu erstellen und alle Möglichkeiten zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs auszuschöpfen.
Neben den inhaltlichen Punkten müssen natürlich auch formale Anforderungen gemäß § 111 BetrVG erfüllt sein:
- Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern
- Durch die geplante Betriebsänderung kann es zu wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft oder erhebliche Teile kommen.
Ab 301 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat einen externen Berater hinzuziehen.
Für Betriebsräte ist es wichtig, wachsam zu sein und erst einmal Informationen zu erhalten. Die Forderung eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans bringt das Thema erst einmal auf den Tisch. Häufig sind erste Ansätze im Aufsichtsrat oder im Wirtschaftsausschuss oder auch im Europäischen Betriebsrat oder SE-BR zu sehen. Eine strategische Vernetzung der Gremien ist deswegen unerlässlich.