Das war der Fall
Ein Verpackungsunternehmen mit rund 230 Beschäftigten hatte eine Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz bei einer externen Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei eingerichtet. Beschäftigte konnten dort vertraulich Hinweise auf Missstände wie Straftaten oder Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorschriften melden. Der Betriebsrat wurde bei der Einrichtung nicht beteiligt.
Das Arbeitsgericht (ArbG Elmshorn) hatte dem Arbeitgeber untersagt, im Betrieb eine Meldestelle zu betreiben, solange der Betriebsrat nicht zugestimmt hat oder seine Zustimmung durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.
Das sagt das Gericht
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hat die Rechtsauffassung der Vorinstanz geteilt. Die gesetzliche Pflicht zur Einrichtung einer Meldestelle nach § 12 HinSchG entbinde den Arbeitgeber nicht von der Beteiligung des Betriebsrats bei der konkreten Ausgestaltung. Die Einrichtung einer Meldestelle unterfällt der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch bei einer Auslagerung an eine externe Rechtsanwaltskanzlei.
Laut LAG unterliegt das »Ob« der Einrichtung nicht der Mitbestimmung, da es gesetzlich vorgeschrieben ist: Die §§ 12 ff. HinschG verpflichten Arbeitgeber mit in der Regel 50 oder mehr Beschäftigten zur Einrichtung und zum Betrieb einer internen Meldestelle. Das »Ob« der Einrichtung einer Meldestelle ist damit mitbestimmungsfrei.
Das »Wie« ist im Gegensatz dazu mitbestimmungspflichtig, da hier Fragen der Ordnung des Betriebs betroffen sind, auch wenn die Meldestelle ausgelagert und extern betrieben wird. Zwar fällt auch dann das »Ob« der Auslagerung unter die freie betriebliche Organisation. Das »Wie« der weiteren Ausgestaltung muss aber bei Betrieb der Meldestelle durch einen Dritten ebenso mitbestimmt sein wie beim Betrieb durch den Arbeitgeber selbst, so das LAG.
Der Mitbestimmungstatbestand sei erfüllt, weil es um die Nutzung der Meldestelle geht. Durch zahlreihe Sollvorgaben wird das Verhalten der Arbeitnehmer gesteuert. Für die Mitbestimmung genügt es, dass die Maßnahme des Arbeitgebers geeignet ist, das Verhalten der Arbeitnehmer zu beeinflussen und die Ordnung des Betriebes zu gewährleisten. Durch das Meldeverfahren richten Arbeitnehmer auch ohne explizite Meldepflicht ihr Verhalten nach den gegebenen Möglichkeiten aus, so das LAG.
Der Arbeitgeber muss im Fall der externen Vergabe durch eine entsprechende Vertragsgestaltung mit dem beauftragten Dritten sicherstellen, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates gewährleistet ist, da sonst durch die Auslagerung an einen Dritten die Mitbestimmung durch den Betriebsrat aushebelbar wäre. Es würde eine Schutzlücke entstehen, die vom Gesetzgeber nicht gewollt ist, betont das LAG in der Entscheidung.
Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist auch mit einem entsprechenden Initiativrecht des Betriebsrates verbunden. Aus dem Gegenstand der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergeben sich insoweit keine Beschränkungen.
Da bereits ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG vom Gericht festgestellt wurde, kam es auf eine etwaige Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht an – diese wurde daher nicht geprüft.
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